Unternehmensbewertung
Das seit dem 01.01.2009 geltende neue Erbschafts- und Schenkungssteuerecht führt neben wesentlichen Steuererleichterungen beim Umgang mit Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteilen auch zu einer praxisnahen und damit in vielen Fällen einheitlicheren Bewertung. Ein weiterer Treiber der Reform war ebenfalls die Tatsache, dass die Anwendung des bis dahin nach dem Erbschaftsteuergesetz vorgeschriebenen Stuttgarter Verfahrens, nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Auf Basis der „Erbschaftsteuerreform“ wird das Betriebsvermögen nunmehr grundsätzlich mit seinem so genannten „gemeinen Wert“ angesetzt (§ 109 Abs. 1 BewG). Es entfällt somit die bisher vorhandene Rechtsformabhängigkeit mit der teilweise unterschiedlichen Bewertung von Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften.
In der Praxis bildet sich der „Verkehrswert“ durch einvernehmliche Festlegung des Preises zwischen Käufer und Verkäufer. In Erb- bzw. Schenkungsfällen scheidet diese einvernehmliche Bewertung aus, da es in der Regel nicht zu einer Transaktion das heißt, zu einem Verkauf kommt. Für Anteile an Kapitalgesellschaften wie einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder einer Aktiengesellschaft (AG), kommt vorrangig eine Bewertung auf Basis eines aktuellen Kurswertes, einer Kaufpreisableitung oder nach einer im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblichen Bewertungsmethode in Frage.
Für Anteile an börsennotierten Kapitalgesellschaften ist eine Bewertung auf Basis des § 11 Abs. 1 BewG grundsätzlich unverändert geblieben. Es gilt der Börsenkurs am jeweiligen Stichtag, der für die Bewertung maßgeblich ist. Für die Bewertung nicht öffentlich notierter Anteile an Kapitalgesellschaften und ebenfalls für Einzelunternehmen bzw. mitunternehmerische Beteiligungen besteht im Sinne des § 11 Abs. 2 BewG, die Möglichkeit einer Bewertung auf Basis:
– Eines Kaufpreis aus Verkäufen unter Dritte die weniger als ein Jahr zurück liegen, auch „Marktwertmethode“ genannt
– Schätzung nach zukünftigen und geplanten Ertragsaussichten, über die Methoden der Gesamtbewertungs- bzw. Ertragswertverfahren
-Die Aufstellung und Bewertung der Einzelwirtschaftsgüter, im Rahmen eines Einzelbewertungs– bzw. Substanzwertverfahren
– Eine andere anerkannte, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke verwendete Methode
Bewertung an Hand eines erzielten Verkaufspreises
Auf Basis des Bewertungsgesetzes („BewG„) gilt als vorrangige Bewertungsmethode, eine Bewertung mit dem Kaufpreis aus Verkäufen unter Dritten. Dabei werden Transaktionen, die länger als ein Jahr zurückliegen für eine Bewertung nicht mehr berücksichtigt. Dieses gilt ebenfalls für Verkäufe, die zeitnah, also unmittelbar nach dem Erbfall bzw. der Schenkung stattgefunden haben. Denkbar sind hierbei Transaktionen, bei denen Anteile an der Gesellschaft in der Vergangenheit durch einen Gesellschafter an einen fremden Dritten veräußert wurden oder z.B. im Rahmen einer Kapitalerhöhung, mit Hinzutreten neuer Gesellschafter.
Bewertung nach den zukünftigen Ertrags- und Überschussaussichten
Kann eine Wertermittlung aus den zurückliegenden Verkäufen nicht ermittelt werden, so ist die Wertermittlung auf der Grundlage der zukünftigen Ertragsaussichten zu schätzen. In Frage kommen hierbei das Ertragswertverfahren nach dem IDW S1, die Discounted Cash-Flow Methode („DCF“) sowie andere branchenübliche Verfahren wie z.B. Multiplikatoren (Comparable Company Analysis), die auf Basis von Ertragskennzahlen angewendet werden.
Die Discounted Cash-Flow Methode (DCF) ist ein Verfahren, welches aus der anglo-amerikanischen Bewertungspraxis hervorgeht und sich auch in Deutschland etabliert hat. Hierbei werden zukünftige Einzahlungsüberschüsse einschließlich der Zinsen auf das Fremdkapital des Unternehmens mit dem gewogenen Kapitalkostensatz der im Unternehmen gebundenen finanziellen Mittel abgezinst. Neben der Planung der zukünftigen Periodenüberschüsse hat die Berechnung des Diskontierungszinssatz einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Bewertung. Der Diskontierungszinssatz wird hierbei berechnet auf Basis des Zinssatzes, wie er für eine risikoneutrale Anlage z.B. für Staatsanleihen mit bester Bonität gezahlt wird. Zu diesem Wert wird ein Risikozuschlag addiert. Für die Berechnung des Risikozuschlages bedient man sich eines so genannten Beta-Faktors. Dieser Beta-Faktor bezeichnet die Volatilität eines Unternehmenswertes auf Basis der Marktkapitalisierung. Die Schwankung des Gesamtmarktes bzw. des entsprechenden Segmentes wird hierbei einem Betafaktor von 1 gleichgesetzt. Schwankt nunmehr der Marktwert eines Unternehmens innerhalb eines Segmentes stärker oder schwächer als der Index, erhöht bzw. verringert sich dieser Beta-Faktor.
Bewertung auf Basis der vorhandenen Einzelwirtschaftsgüter
Liegt der ermittelte Wert auf Basis des vereinfachten „Ertragswertverfahren“ unter der Summe des Substanzwertes, so scheidet das Ertragswertverfahren für die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage aus. Für die Ermittlung des Substanzwertes ist eine Bestandsaufnahme und Einzelbewertung aller Wirtschaftsgüter zum Besteuerungszeitpunkt notwendig. Sinnvoll erscheint dieses Verfahren daher, wenn sich im Betriebsvermögen wenige, jedoch unter Bewertungsgesichtspunkten „wertvolle“ Einzelpositionen wie z.B. ungenutzte Grundstücke befinden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers findet eine Berücksichtigung der bei einer Veräußerung anfallenden Liquidationskosten nur dann Anwendung, wenn die Gesellschaft tatsächlich liquidiert wird.
Andere Bewertungsmethoden und Verfahren
Es besteht letztlich die Wahlmöglichkeit, das Betriebsvermögen auf Basis einer anderen, üblichen und anerkannten Bewertungsmethode zu bewerten. Ob eine andere, gebräuchliche Bewertungsmethode im Einzelfall üblich ist, muss im jeweiligen Fall nachgewiesen und begründet werden. Es kann damit gerechnet werden, dass hier in der Zukunft von der Finanzverwaltung bekannt gegeben wird, welche anderen Verfahren und Methoden anerkannt werden.
Fazit
Die Erbschaftsteuerreform die mit Wirkung zum 01.01.2009 in Kraft getreten ist, greift wie keine andere Änderung zuvor in die Besteuerung von unentgeltlichen Erwerben ein. Demographisch bedingt, wird in Zukunft eine große Anzahl von Betriebsvermögen auf die kommende Generation übergehen. Das neue Erbschaftsrecht verfolgt hierbei als Bewertungsziel die verkehrswertenahe Bewertung auf Basis der Ermittlung des gemeinen Wert/Verkehrswertes. Hierbei finden neben dem vereinfachten Ertrags- und Substanzwertverfahren auch Methoden des gewöhnlichen Geschäftsverkehres ihre Anwendung. Es ist daher davon auszugehen, dass Wertermittlungsverfahren auf Basis von Discounted Cash-Flow oder Multiplikatoren Methoden auch vermehrt Einzug in diesen nicht transaktionsbasierenden Bereich halten. Kritisch anzumerken bleibt, dass bestimmte Regelungen wie im Bereich der tatsächlichen Verkäufe innerhalb eines Jahres (Bewertung nach Verkaufspreis), eine mögliche Korrektur eines inzwischen niedrigeren Verkehrswertes nicht erlaubt. Als ebenfalls problematisch kann angesehen werden, dass Überbewertungen auf Basis des vereinfachten Ertragswertverfahren auf Basis des §§ 199ff BewG nur durch externe Ertragsbewertungen („Multiplikatoren“ oder „DCF Verfahren„) abgewendet werden können.
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